War das ein Fehler, Charles?
Hätten sie hier ein ruhiges Gespräch geführt in entspannter Atmosphäre nachdem ihrer beider Verlangen befriedigt worden war, hätte Eleanor genau das sagen können: dass sie auf eine Weiterentwicklung gehofft hatte. Dann hätte Charles ihr die Gegenfrage stellen können, wo er sich das hätte aneignen sollen. Bei den Huren, die er bezahlte? Bei denen, die er sich gegen ihren Willen nahm? Oder bei den flüchtigen Affären, die nur den Nervenkitzel suchten, weil sie einen Mann ins Bett bekamen, der ein Verbrecher war. Am ehesten bei denen. Er hatte gelernt und sich entwickelt, war von dem Jungen zum Mann geworden, aber eben in seiner Welt mit seinen Gesetzen und moralischen Vorstellungen. Vielleicht würde er niemals das erreichen, was Eleanor sich vorstellte. Aber wäre es hier entspannt gewesen, wären die Vorwürfe auch nicht im Raum gestanden von beiden Seiten. Dass auch Eleanor selbst zu diesem möglichen Lernprozess gehörte, sah sie vermutlich in diesem Moment ebenso wenig wie er er nicht sehen konnte, dass sie versuchte zu bleiben und mit dem umzugehen, was sie fühlte. Wie konnte er auch damit umgehen, wenn er nicht einmal wusste WAS sie fühlte.
Charles war in der Tat bereit zu gehen und in diesem Moment hätte er auch in Kauf genommen, dass Eleanor nicht mehr da sein würde, wenn er zurückkehrte, nachdem er erledigt hatte was er zu tun gedachte. Um sie hätte er sich dann später wieder gekümmert. So machte er es immer. Ein Problem aus der Welt schaffen, um sich dann dem nächsten zuzuwenden, auch wenn das erst durch die Beseitigung des ersten Problems entstanden war. So fand sein Blick zwar die ausgestreckte Hand, aber er ergriff sie nicht, denn oh doch, sie hatte ihren Standpunkt eben sehr klar gemacht, auch wenn Eleanor nun behauptete es nicht so gemeint zu haben. Blieben sollte er. Die einfache Bitte ließ ihn tatsächlich innehalten. Es lag eine Einfachheit in den Worten, die durch seine Wut und Enttäuschung zu ihm durchzudringen vermochte, vor allem als sie es noch einmal wiederholte. Er hatte sich bereits angewandt, um zu gehen, aber die Worte ließen ihn innehalten im letzten Moment und hatte den Blick auf den Boden gerichtet, als würde er dort die Antwort finden auf all das hier.
So dauerte es, bis er sich endlich wieder zu Eleanor umdrehte und die Zeltplane, die den Eingang verschloss zurückfallen ließ, um schließ die noch immer ausgestreckte Hand zu nehmen. Damit wär längst nicht alles in Ordnung zwischen ihnen und sicher nichts geklärt, aber er blieb, wie sie es wollte. Charles hielt ihre Hand noch immer, als er sich auf die Kiste fallen ließ. "Ich verstehe es nicht", meinte er endlich mit einem Kopfschütteln und auch wenn seine Stimme leise und die Worte ruhig gesprochen waren, war da ein rauer Unterton, der verriet, dass die alles unter sich begrabende Wut noch da schlummerte. "Warum? Warum die anderen Frauen?" Es ging um Eleanor und sonst niemanden hier. "Warum..." Er brach mit einem tiefen Atemzug ab, denn er wusste gar nicht wie er all das, was Eleanor ihn Fragen unterstellt hatte zusammenfassen konnte. "Ich verstehe es einfach nicht."