You need a drink or maybe more
NPC2 Charles Vane am
04.01.1715
Jack & Charles
Charles sah überrascht auf, als Jack behauptete, dass Anne genauso gewesen war wie Max. Das hörte er tatsächlich zum ersten Mal und selbst hatte zuvor noch versichert nicht so gewesen zu sein. Doch er stutzte und zog die Augenbrauen zusammen. Nein, das hatte sie nicht gesagt. Sie hatte ihm nur zugestimmt, dass sie so nicht geworden wäre. Ein kleiner, aber feiner Unterschied, wie er nun feststellen musste, als Jack zu erzählen begann. Verflucht, was war das nur mit den Weibern, dass sie solche Spitzfindigkeiten in jede ihrer Aussagen packten!
Auf den ersten Blick hätte man meinen können, dass Anne und nichts gemeinsam hatten, aber das stimmte nicht. Viele nahmen an, dass er sie aufgrund seiner Freundschaft zu Jack akzeptierte, weil sie einfach zu ihm gehörte, aber das stimmte nicht. In ihrer beider Leben waren mehr Parallelen als man es für möglich gehalten hätte, auch wenn sie sich recht gut versteckten hinter den offensichtlichen Unterschieden. Charles wurde nachdenklich, als Jack davon erzählte, was Anne widerfahren war. Er selbst war verkauft und geschlagen worden und Charles wusste sehr genau um seine Gefühle gegenüber Albinus und anderen, die mit Sklaven zu tun hatten. Er wollte sie tot sehen – allesamt. Aber ihn hatte niemand missbraucht im Gegensatz zu Anne. Tatsächlich begann er zu verstehen, denn das war eine Ebene, auf der er sich ebenfalls bewegte und auf der ihn Informationen und Argumente erreichten. Zum ersten Mal seit Anne das Zelt betreten hatte, reagierte Charles nicht nur mit impulsiver Wut auf das, was gesagt wurde, sondern er blieb einen Moment lang still. „Sie weiß, dass ich anders bin. Dass ich andere Beweggründe habe, Jack.“ Das sollte Anne zumindest wissen, dass er nicht wie Bonny war. Vermutlich ein Grund, warum sie beide sich immer wieder zusammenrauften, sobald die Wut ein wenig verpufft war. Hätte sie es nicht gewusst, wäre einer von ihnen längst tot.
Als Jack ihm hier prompt sagt, dass er sich im Grunde nicht weniger wie ein stures Kind verhalten hat, weil er sie wie ein Crewmitglied behandelt hat, wirft er dem Freund einen düsteren Blick zu, der die Unterstellung am Ende nur untermauert. Die Wut will ihn nicht ganz loslassen, auch wenn die Erkenntnis über Anne sie ein wenig abflauen ließ. „Du findest also ich habe falsch reagiert…“ Die Worte lagen irgendwo zwischen Frage und Feststellung, und es war seinem Tonfall anzuhören, dass es dünnes Eis war, auf das sich Jack mit der Antwort begeben würde. Dünnes Eis oder nicht, manchmal bekam man Charles auch einfach mit der knappen, brutalen Wahrheit zu fassen.
Charles war bereits im Begriff seine Worte in die Tat umzusetzen, als Jack ihn bremste. Er hasste es, wenn das geschah. Wenn er die Lösung hatte und jemand ihm sagte, dass er das nicht tun kann. Früher war es Teach, heute war dieser Jemand meist Jack. Aber Charles kannte den Freund lange genug, um zu wissen, dass er ihm in solchen Momenten wenigstens zuhören musste. Er wollte schon widersprechen, aber die Wut war inzwischen weit genug abgeflaut, um etwas zu erkennen: nach den Reaktionen eben, die auf ein Gespräch mit Max gefolgt waren, mussten sie umso drastischer ausfallen, wenn sie tot war. „Du verlangst also, dass ich die Füße still halte und sie in Ruhe lasse“, fasste Charles zusammen. Wie sehr ihm das gegen den Strich ging, konnte man sehen und hören, aber auch, dass er Jacks Gedankengang verstand.