Mit einem lauten Platschen landete der Captain der Ranger im seichten Wasser am Strand. Er konnte die Blicke auf sich spüren, als er ans trockene Ufer watete: neugierig waren die meisten, aber er konnte die unausgesprochene Frage förmlich in seinem Kopf hören: sind die Gerüchte wohl alle wahr, die man von ihm hörte? Waren sie. Und nun war Charles Vane zurück in Nassau. Er würde kein drittes Mal mehr gehen, soviel stand fest. Er ignorierte einige Rufe, die ihn Willkommen hießen. Wie er Arschkriecher hasste. Gleichzeitig machte es ihm bewusst, dass sich einige mit Sicherheit an ihn erinnerten, auch wenn es lange her war. Ein kurzer Blick auf die Schiffe bei seiner Ankunft hatte ausgereicht, um zu wissen, dass Edward Teach nicht hier war, dennoch hatte er noch an Board der Ranger Jack den Auftrag gegeben herauszufinden, ob das auch sicher war. Ein Junge, vielleicht 7 Jahre alt, rannte auf ihn zu und wollte sich eine Münze verdienen, indem er seine Dienste anbot. Charles intensiver Blick ruhte auf dem Jungen, der ihn in seiner abgerissenen Kleidung an ihn selbst erinnerte. Ein anderes Leben, wie es schien. Ob er jemanden informieren sollte... ob er ihm den Weg zeigen sollte... ob er etwas für ihn tragen sollte... So viele Fragen. Charles warf dem Jungen eine Münze zu ohne stehenzubleiben. "Verschwinde, Junge."
Er wusste sehr genau, wo er hin wollte und er kannte den Weg besser, als ihm lieb war. Wäre er in diesem Moment stehen geblieben, hätte er vielleicht gezögert und das sollte ihm niemand ansehen. Nicht einmal er selbst wollte sehen, dass er zögerte. So ging es den leichten Anstieg in die Stadt hinauf. Einige Männer der Ranger dicht hinter ihm und sie sorgten dafür, dass man wusste, wer hier angekommen war. Hier zettelten sie eine Schlägerei an, dort bedienten sie sich an Obst ohne zu bezahlen. Als das Bordell in Sichtweite kam, gab es kein Halten mehr. Charles konnte noch das Kreischen der Huren dort hören, als die Männer grölend und ungeduldig in das Etablissement einfielen. Einen Moment lang folgte ihnen sein Blick, denn wer konnte es ihnen verdenken? Es war Wochen her, dass sie Land und Röcke gesehen hatten, aber trotzdem führte sein Weg ihn in die andere Richtung.
Die Hände locker und doch in einer deutlichen Ansage auf die beiden Waffen, die seitlich am Gürtel trug, gelegt, betrat er die Taverne. Selbst zu dieser Tageszeit war sie gut gefüllt und es roch nach der vertrauten Mischung von Rum, Zigarren und Schweiß. Etwas, das sich wie Zuhause anfühlen wollte. Aber auch das war nicht sein endgültiges Ziel. Er wollte in das Büro, das ein paar Stufen nach oben zu erreichen war. Die Türe war geschlossen, aber davon ließ er sich nicht abhalten. Zielstrebig steuerte er durch den vollen Gastraum und auch hier konnte er die Blicke spüren, die ihm folgten. Andere waren so vertieft in ihre Getränke oder Gespräche, dass sie ihn nicht bemerkten. Charles schlängelte sich an ihnen vorbei und er hatte gerade zwei Stufen genommen, als er aus dem Augenwinkel etwas wahrnimmt, dass er immer und überall erkennen würde. Diese blonden Haare, gepaart mit einer Ausstrahlung, die ihm entgegenschrie, dass sie hier war. Sie. Charles machte auf der Treppe kehrt und drehte sich um, nur um die Frau zu sehen, die alles für ihn gewesen ist. Und es war, als wäre kein Tag vergangen, seit er damals vergeblich auf sie gewartet hatte. Er hatte das Gefühl, dass sie sich kein bisschen verändert hatte, während ihm die Jahre anzusehen waren. Er war härter geworden und muskulöser, die Haare deutlich länger und auch den Bart kannte sie noch nicht.
Charles durchquerte den Raum, den Blick unablässig auf sie gerichtet, bis er vor ihr stand. Einem Mann, der neben ihr stand, warf er einen Seitenblick zu, der den deutlich aufforderte zu gehen, doch der ließ sich nicht beirren. "Da drüben is' noch genug Platz. Wer bist'n du, dass du denkst ich geh einfach weg, hm?" Charles schenkte dem Mann ein beinahe freundliches Lächeln. "Charles Vane... von der Ranger." Der Mann bekam große Augen, murmelte etwas und verschwand. Charles trat noch einen Schritt vor und atmete durch. Es gab kein Zurück mehr, als er sie nun ansah: "Eleanor", begrüßte er sie mit einem Nicken. "Du siehst gut aus. Bekomme ich kein Lächeln? Man könnte meinen, du freust dich nicht mich zu sehen." Ein Grinsen verbarg, was tatsächlich in ihm vorging.