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Nothing left to say
Charles & Eleanor nach der Eskalation
#36


Nothing left to say
   Eleanor Guthrie   Charles Vane
am 03.01.1715
Charles & Eleanor nach der Eskalation


Charles glaubte Eleanor sofort, dass sie nichts verstecken MUSSTE. Es ging ihm eher darum, ob sie etwas verstecken WOLLTE. Aber er ging dann davon aus, dass dem wohl nicht so war und es freute ihn mehr, als er sich dessen bewusst war. Auch, dass sie sich wehren und behaupten konnten, wollte er nicht in Frage stellen, aber gleichzeitig war er sicher, dass es Augenblicke gab, in denen sie als Frau an ihre Grenzen stieß. Das hatte nichts mit ihrem Willen, Können oder Intelligenz zu tun, sondern einfach damit, dass sie Brüste hatte. Und dann würde er da sein – dass das bedeutete, dass er hier auf der Insel sein musste, daran dachte er gerade nicht. Die Gedanken und Gefühle, die Entscheidungen früherer Tage und all die Erlebnisse waren noch Fragmente, die sich nicht zu einem großen Ganzen zusammengefügt hatten. So grinste er noch über ihre Worte, dass der Mann, der aufdringlich werden würde, sie kennenlernen würde, als sie etwas sagte, das sein Lächeln verblassen ließ. Flint?! Charles Muskeln spannten sich kaum merklich an, als er begriff, dass sie hier in dieser Situation: nackt neben ihm liegend, nachdem er ihr mehr oder weniger sein Zeichen aufgedrückt hatte und sie offen mit in sein Zelt genommen hatte, dass es jeder, der wollte, sehen konnte… dass sie jetzt von Flint, Gates und der Walrus sprach. „Du lehnst meine Hilfe ab, aber seine willst du haben?“ Es war ihm anzuhören, dass er das nicht verstehen konnte, kein bisschen. Der einzige Grund, warum er sich nicht zurückzog und das hier überstürzt beendete mit einer entsprechenden Bemerkung, war Eleanor selbst, die schnell genug weitergesprochen hatte, um klar zu machen, dass sie auf gewisse Art und Weise zu ihm gehörte. Umso weniger war dann aber nachvollziehbar, warum sie lieber von Flint und seinen Männern Schutz akzeptierte als von ihm. Die Entscheidung Nassau wieder zu verlassen, wenn sein Schiff abgeladen war, wurde in diesem Moment, als er Flints Namen gehört hatte, umgeworfen. Er würde hier sowas von bleiben!
Charles hatte die ein oder andere Verletzung davongetragen in seinem Leben bei den unterschiedlichsten Kämpfen und Scharmützeln und die Narben davon waren hier und da auf seinem Körper zu sehen. Keine davon so, dass sie ihn entstellte und es machte ihm nichts aus. Weder, dass sie da waren noch, dass jemand sie sehen konnte. Es interessierte ihn nicht. Diese eine Narbe, die seine ganze Lebensgeschichte erzählte, war aber etwas vollkommen anderes. Es hatte Zeiten gegeben, da hatte er im Rausch darüber nachgedacht, sich das Stück Fleisch einfach herauszuschneiden. Jack war es gewesen. der ihn im letzten Moment davon abgehalten hatte, ganz gleich wie er ihn verflucht hatte. Nicht einmal die Striemen auf seinem Rücken von den Peitschen störten ihn so, wie das verräterische Brandzeichen, das so einzigartig war wie ein Schiffsname. Daher war er dankbar, dass Eleanors Hand unter seiner ruhig liegen blieb und sie verstand, was er wollte, ohne es wirklich wissen zu können. Umso mehr genoss er die Nähe, die sie vermittelte, die in einem sanften Kuss gipfelte.
Seine Hand strich über ihren Rücken, langsam und ein wenig gedankenverloren und damit umso zärtlicher. Die Haut weich unter seinen vom Kampf und der Arbeit auf dem Schiff rauen Fingern. Dabei hörte er sich an, was Eleanor erzählte über ihre Beweggründe. Tatsächlich hätte er nicht an Mr. Scott gedacht dabei. Der Mann war immer dagewesen und er hatte dessen Existenz niemals hinterfragt oder wie freiwillig er bei der Familie war. Charles hatte ihn immer nur als Spaßverderber wahrgenommen – und tat das noch immer. Aber er begann eine Parallele zu Edward Teach zu sehen, der für ihn wie ein Vater gewesen war in der Zeit, in der sie zusammen gesegelt waren.
Über dem Gedanken entging ihm beinahe etwas, das Eleanor sagte. Es streifte nur noch sein Bewusstsein und Charles zog di Augenbrauen zusammen in dem Bemühen die Worte festzuhalten und zu verstehen. Sie hatte mit ihm gehen wollen damals. Für einen Moment lichtete sich das, was er all die Jahre an Wut, Enttäuschung und Verletzung über die Zurückweisung mit sich herumgetragen hatte, denn sie HATTE MIT IHM GEHEN WOLLEN. Und doch hatte es sie es am Ende nicht getan. Wofür? Wofür hatte sie das geopfert, was sie gehabt hatten? Für zwei Sklaven. Charles fragte sich, ob es wirklich die beiden gewesen waren, die sie davon abgehalten hatten zu kommen oder ob es vielleicht die Geschäfte selbst gewesen waren, die sie gereizt hatten. Nachdenklich hörte er ihr weiter zu und hielt sie nahe bei sich, anstatt sie sofort von sich zu stoßen. Er hörte durchaus, dass und wie sehr ihr das zu schaffen machte, was sie da erzählte, aber machte es das am Ende besser? Er hatte die Entscheidung für sich noch nicht getroffen. Zu neu waren all die Informationen. Doch diese Frage musste warten, denn Eleanor eröffnete ihm, dass er die gleiche Wortwahl wie ihr Vater getroffen hatte und das ließ ihn ihr ein entschuldigendes Lächeln schenken, das er aufrichtig meinte, denn das hatte er nie gewollt: auch nur ansatzweise wie Richard Guthrie zu sein. Er konnte den Mann von der ersten Sekunde an nicht leiden. Der Mann, der nicht weniger kriminell war als jeder Pirat und sich dennoch als rechtschaffen ansah und moralisch weit über ihnen. „So habe ich das nicht gemeint, Eleanor“, gab er ruhig zu und ließ sie weitererzählen. Als sie geendet hatte, blieb es eine ganze Weile still zwischen ihnen.
Charles ließ sich die Worte noch einmal durch den Kopf gehen und noch einmal die Erkenntnis sacken, dass sie eigentlich mit ihm gehen wollte. Das war leichter gesagt als tatsächlich getan. Sie hatte es immer gewusst, für ihn war das vollkommen neu. Und wo er nun seinen Stellenwert in der ganzen Geschichte sah, konnte er ebenfalls nur schwer einordnen. Seine Hand legte sich unter ihr Kinn und er schob es ein wenig nach oben, damit sie ihn ansah. Er konnte noch die Tränen in ihren Augen sehen. „Ich verstehe, warum du das am Strand getan hast… warum du dieses Risiko eingegangen bist, Eleanor.“ Und danach hatte er auch gefragt. Dann wurde es schon schwieriger und sie würde es ihm ansehen können. „Ich verstehe auch, dass du Scott und seine Tochter nicht verlieren wolltest, weil sie dir nahe standen.“ Und nun war er endgültig am Ende mit seinem Verständnis. Dann hatte er seinen Stellenwert wohl auch eingeordnet. Charles rutschte ein wenig von ihr weg, um sich aufsetzen und sie richtig ansehen zu können. „Eines verstehe ich nicht… vielleicht bin ich dafür nicht klug genug: du wusstest immer, was Edward Teach für mich war, was mich mit ihm verband… ich habe ihn bereitwillig geopfert, um bei dir zu sein.“ Er musste es nicht aussprechen, denn sie würde den Vorwurf verstehen. Zwei Sklaven standen über einem Piraten? „Du hättest einfach zu mir kommen und mir sagen können, was dein Vater verlangt. Wir hätten eine Lösung gefunden. ICH hätte eine Lösung gefunden.“ Dass das aus dem Blickwinkel eines kampferprobten Mannes vermutlich weitaus leichter zu sagen war, bedachte er nicht. Dass er heute leicht Lösungen finden konnte, aber er damals vielleicht überfordert gewesen wäre. Sein Blick ruhte auf Eleanor und es war ihm anzusehen wie sehr er hoffte, dass sie ihm eine Antwort gab, die für ihn zufriedenstellend war.
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